Einsatz digitaler Medien in Schule und Unterricht in Deutschland

09. October 2016

Stand der digitalen Bildung im Jahr 2016

Die Schüler lernen den Umgang zuhause

Längst sind digitale Medien im Alltag der Schüler angekommen. Zu Hause und in der Freizeit nutzen die Schüler Smartphone, Tablet, Fernseher und Computer ganz selbstverständlich, auch schon mit Beginn des frühen Kindesalters. Über Art und Weise, Dauer und Umfang des Medienkonsums lässt sich bekanntlich streiten, Fakt ist aber, dass digitale Medien in deutschen Schulen unterrepräsentiert sind und weit hinter ihrem wirklichen Potenzial zurückbleiben.

Tablet Schule Unterricht

Laut der „International Computer and Information Literacy Study“ liegt Deutschland bezüglich Ausstattung und Nutzung von digitalen Medien im Unterricht im internationalen Vergleich weit zurück hinter anderen Industrienationen wie Kanada oder Australien. Auch im EU-Vergleich befindet sich Deutschland hier nur im Mittelfeld. Ob das wirklich der Bildungsanspruch für den wirtschaftlich stärksten Mitgliedsstaat der EU sein kann, ist mehr als fraglich.

Immerhin: Mittlerweile verfügen alle deutschen Schulen über einen Internetzugang, ungefähr 50% verfügen über Internet in allen Räumen.

Was sind digitale Medien und wie werden sie im Schulunterricht eingesetzt?

Laptop und Computer

Digitale Medien Skype Schule

In vielen deutschen (weiterführenden) Schulen befinden sich extra Computerräume, die komplett ausgestattet sind mit fest installierten PCs mit Internetanschluss. Allerdings kann die Existenz von nur einem Computerraum bei größeren Schulen zu Engpässen führen. Für Informatik-Kurse sind diese Einrichtungen aber unbedingte Voraussetzung. Einige Schulen statten auch direkt die einzelnen Klassenräume mit Laptops aus, bzw. haben einen Vorrat an Schul-Laptops.

An Laptop und PC lernen die Schüler vor allem den verantwortungsvollen Umgang mit dem Internet kennen. Sie erfahren über E-Mail und die wichtigsten Webseiten (Google, Wikipedia, Youtube, Lernplattformen, Soziale Netzwerke, Nachrichten-Seiten oder die schuleigene E-Learning Plattform). Neben dem Internet sollten Standard-Programme auf dem Unterrichtsplan stehen, die für die spätere Nutzung in Freizeit und Beruf wichtig sind. Das sind zum Beispiel Word, Excel, PowerPoint, Skype, Bildbearbeitung, Browser, Dropbox und Weitere). Je nach Fach, sollten auch Mathematik- und Statistik-Software auf dem Lehrplan stehen. Schüler, die sich früh mit diesen Themen auseinandersetzen, haben später weniger Probleme mit IT-Fragen. Sie erlernen dadurch frühzeitig wichtige Kompetenzen für das zukünftige (Arbeits-)Leben.

Lernprogramme haben eine unterschiedliche Struktur und Komplexität. Dabei bestimmt die Komplexität auch die verschiedenen Lernziele, bzw. umgekehrt:

   - Übungssoftware => Routinierung von Wissen

   - Tutorielle Systeme => Verstehen von Zusammenhängen, Anwendungsfähigkeit

   - Simulationen => Analytische, gestaltende und beurteilende Kompetenzen

Tablet und Smartphone

Vor allem Smarthphones sind häufig aus dem Alltag der Schüler kaum wegzudenken. Anstatt aber die Geräte sinnvoll in den Unterricht zu integrieren, werden oft strikte Verbote verhängt. Damit geht viel Potenzial verloren. Für Schulen mit Smartphone-Verbot bietet sich zum Beispiel der Einsatz von Schul-Tablets mit eingeschränkten Funktionen an. An vielen Universitäten werden heute Smartphones bereits häufig dafür benutzt, dass Studenten während des Unterrichts an einer Befragung teilnehmen können. Dies wäre durchaus auch für Schulen mit entsprechender Ausstattung denkbar. So kann der Lehrer nachvollziehen, ob die Schüler dem Unterricht folgen (können) und die Inhalte verstehen. Gleichzeitig werden die Schüler zum Mitdenken und Mitmachen motiviert. Darüber hinaus gibt es viele mobile Apps zur Lernunterstützung, die in den Schulunterricht integriert werden können. Bei dem Einsatz dieser beiden digitalen Medien ist die richtige Balance entscheidend.

Beamer und Interaktives Whiteboard

Interaktives Whiteboard Schule Unterricht

Beamer haben schon vor Jahren die meisten Overhead-Projektoren abgelöst, und zählen trotzdem bereits zu den eher älteren digitalen Medien. Mittlerweile gehören Beamer zur technischen Grundausstattung fast jeder Schule. Eine modernere Alternative sind interaktive Whiteboards. Diese sind eine Mischung aus traditioneller Tafel und einem an einen Computer angeschlossenen Beamer. Whiteboards bieten viele neuartige digitale Elemente, die für einen effektiven Schulunterricht genutzt werden können.

Digitalkameras

Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz von Digitalkameras und digitalen Videokameras. Diese können in verschiedenen Fächern für beispielsweise Dokumentation oder für kreative Projekte eingesetzt werden. Heute werden Digitalkameras aber auch oft durch Smartphones ersetzt.


Effektiver Unterricht durch Digitalisierung

Vermittlung von Informationen erfolgt in der Regel auf zwei Arten:

  1. Auditiv: Der Lehrer erklärt den Inhalt und durch Diskussion werden die Schüler dazu angeregt, selbst über den Sachverhalt nachzudenken.
  2. Visuell: Die Informationen werden bildlich oder schriftlich dargestellt. Früher meist durch Tafel + Kreide oder Folien auf dem Overhead-Projektor, heute oft durch Beamer oder Whiteboard (dazu später mehr).

Diverse Studien (z.B. Bertelsmann 2014) belegen, dass sich ein höherer Lernerfolg einstellt, wenn beide Techniken in Kombination eingesetzt werden, das heißt Informationen auditiv UND visuell dargestellt werden. Im Gegensatz dazu, werden Lernende bei dem Einsatz von nur einer Methode, auditiv ODER visuell, weniger angesprochen und nehmen dementsprechend weniger Informationen auf. Gleichzeitig ist es effektiver, wenn beide Techniken simultan und nicht nacheinander eingesetzt werden.

Die Idee, in der Schule auditiv und visuell zu arbeiten, ist also keine Erfindung der Digitalisierung. Was sind nun also die Vorteile der digitalen Medien im Unterricht?

Vorteile und Nachteile von digitalen Medien im Unterricht

Der richtige Medieneinsatz, in diesem Fall von Laptop und Tablet, kann viele positive Effekte haben:

   - Motivationale Effekte

   - Stärkere Kooperation (der Schüler untereinander)

   - Höhere Medienkompetenz

   - Höhere kognitive Komplexität

Allgemein lässt sich sagen: je anspruchsvoller und interaktiver das Visuelle, desto mehr werden die Schüler angesprochen und animiert im Unterricht mitzudenken und mitzumachen. Für die Schüler ist es z.B. attraktiver, mit dem Smartphone Fragen zu beantworten, als dem Lehrer eine Schulstunde lang zuzuhören und auf die Tafel zu starren.

Falscher oder unkontrollierter Einsatz digitaler Medien durch in Medienkompetenz ungeschulte Lehrer kann auch negative Auswirkungen haben:

   - Ablenkung und Störfaktor im Unterricht

   - Negative Folgen für Kommunikation, Schreiben und Rechnen

Generelle Probleme sind darüber hinaus mögliches Cybermobbing und Computer- oder Internetsucht.

Welche Schüler profitieren am meisten?

Der Lernerfolg durch den Einsatz digitaler Medien ist abhängig von individuellen Voraussetzungen der einzelnen Schüler und dem inhaltlichen Fokus. So führt etwa Vorwissen über das Medium zu besserem Lernerfolg. Höhere Interaktion mit dem Medium führt in der Regel zu mehr geistiger Anstrengung. Auch die individuell unterschiedliche Motivation beim Einsatz von digitalen Medien ist entscheidend. Bildungsoziologische Faktoren (Schichtzugehörigkeit, ökon. Verhältnisse) haben dagegen keinen direkten Einfluss auf den Lernerfolg. Auffällig ist aber, dass bestimmte Lernangebote eher von leistungsschwächeren Schülern bevorzugt werden, z.B. Übungs- und Testprogramme.

Bei digitaler Bildung und Medienkompetenz müssen Schüler und Eltern selbst aktiv werden

In deutschen Schulen sind digitale Medien zwar vertreten, der aktuelle Stand ist aber noch weit von internationalen Vorbildern entfernt. Sind die Technologien vorhanden, werden diese leider nur wenig bis selten genutzt. Dies liegt in der Regel an mangelndem Geld und ungeschulten Lehrkräften. Um das gesamte Potenzial der digitalen Bildung auszuschöpfen, muss sich das Schul- und Bildungssystem mit der Digitialisierung und seinen Schülern weiterentwickeln. Dafür muss dringend ausreichend Budget für die entsprechende Hardware und die (verbindliche) Weiterbildung der Lehrer bezüglich Medienkompetenz aufgebracht werden. Bis dahin müssen Eltern und Schüler selbst zusehen, wie sie sich der Herausforderung digitale Bildung stellen, um für die späteren Anforderungen gerüstet zu sein. Die Auseinandersetzung mit diesem Thema neben der Schule ist unbedingte Voraussetzung dafür.

Quellen

NOA Bildungsstudie 2011

International Computer and Information Literacy Study 2013

Bertelsmann Studie 2014

Bertelsmann Studie 2015

BITKOM Studie 2015